Fische umgesiedelt, um Lurche zu retten

Elektrobefischung an Naturschutzgewässer in Hollage

Eine nicht ganz alltägliche Aktion führte die Ortsgruppe Wallenhorst des BUND Mitte November 2007 durch. Ein 1800 m² großes Gewässer wurde von Fischen befreit, um den dort laichenden Lurchen (Kröten, Frösche und Molche) eine Zukunft zu geben.
Seit 1995 wird in jedem Frühjahr an der Brockhauser Straße ein Amphibienzaun von den Naturschützern des BUND aufgestellt, um die Zahl der totgefahrenen Tiere zu vermindern. Die Tiere werden täglich am Zaun eingesammelt und direkt zu dem Laichgewässer gebracht. Nach einigen Jahren zeigte sich auch der Erfolg dieser Schutzmaßnahme durch steigende Tierzahlen. Doch seit 2004 ging die Zahl der Lurche dramatisch zurück. Während im Jahr 2003 noch 1251 am Zaun gezählt wurden, waren es im Jahr 2007 nur noch 176 Tiere!
Als Ursache wurde von einem beauftragten Fischwirt ein starker Fischbesatz im Laichgewässer der Lurche vermutet. Bei einer Probebefischung konnte dieses bestätigt werden. In den vergangenen Jahren wurden Raubfische, vor allem Schuppenkarpfen und Barsche eingesetzt, die nach ihrer Winterruhe die ablaichenden Lurche, deren Eier und Kaulquappen fraßen. So kam es im Frühjahr zu einem nahezu totalen Jungtierausfall.

Es musste eine schnelle Lösung gefunden werden. In Absprache mit Fachleuten des Naturschutzes und dem Eigentümer des Gewässers wurde beschlossen, mittels der Elektrobefischung den Teich von den Fischen zu befreien. Eine sehr aufwändige, aber die beste Methode, die Lurche langfristig zu retten. Die so schonend gefangenen Fische sollten in ein anderes Gewässer umgesiedelt werden.
Vor der Elektrobefischung mit dem Käscher, musste aber zunächst ein großer Teil des Teichwassers mit dem Gesamtvolumen von ca. 1800 m³ abgesenkt werden. Ein mehrere Tage andauernder Abpumpprozess wurde eingeleitet, bis der Wasserspiegel so niedrig war, dass mit der Wathose die Fluchtverstecke der Fische erreicht werden konnte. Durch einen Stromstoß von 150 Volt wurden die Fische leicht betäubt und konnten dann problemlos gekeschert werden. Mit Unterstützung von ehrenamtlichen Mitarbeitern wurden die Tiere in offenen Wannen zu einem speziell ausgerüsteten LKW getragen, der sie zu ihrem neuen Gewässer in Melle brachte.

Die Bilanz von zwei Tagen:
Ein kapitaler Hecht von 75 cm Länge, 64 Karpfen größer als 30 cm, insgesamt über 7 kg Barsche mit einem Tier von knapp 50 cm, 31 größere Rotaugen, über 150 kg Giebel und ein dicker Aal.

 

Der Fischwirt, der die Elektrobefischung durchführte, war sehr angetan von seiner „Beute“, andererseits war für die Amphibienfreunde die Ursache des Rückgangs ihrer Schützlinge nun klar ersichtlich. Das Gewässer mit den vielen und großen Räubern war zur Todesfalle geworden. Als Ursache für den hohen Fischbesatz kommt nur das rechtswidrige Einsetzen von Jungfischen durch illegale Angler in Frage. Das private Gewässer ist nicht als Angelgewässer vorgesehen und steht unter Naturschutz. Das ist auch im Sinne des Eigentümers, der das Gewässer für die Lurche erhalten möchte. Die Rettungsaktion der BUND-Ortsgruppe mit der Gemeinde Wallenhorst, die die Arbeiten unterstützt, und dem Eigentümer ist daher beispielhaft für gute Naturschutzarbeit. Neben der Abfischung wurde noch der dichte Baumbestand um das Gewässer entfernt, damit wieder Licht ins Gewässer kommt. Mit dem anfallenden Kopfholz werden die Zugänge des Gewässers für Angler und andere Nutzer versperrt, um in Zukunft ein Wiederbesetzen mit Fischen zu verhindern.
Als letzter Akt wurde am 15. Dezember 2007 ein Einsatz mit der Freiwilligen Feuerwehr Wallenhorst durchgeführt. An nur einem einzigen Tag wurde das Gewässer mit Wasser aus dem Stichkanal wieder aufgefüllt. Eine große logistische Herausforderung für die Feuerwehr, die dafür fast ihr gesamtes Pumpenmaterial eingesetzt hat.
Im Frühjahr 2008 sind die überlebenden Lurche aus ihren Winterquartieren zurückkommen und haben ihren Laich in einem veränderten Gewässer abgesetzt. Diesmal ohne als Fischfutter zu enden. Der Erfolg wird sich allerdings erst in wenigen Jahren zeigen, wenn sich die große Nachkommenschaft der Lurche als erwachsene Tiere in den Eimern am Amphibienzaun wieder einfindet.



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