ON-Interview mit Ursula Feldmann - Leiterin der BUND-Geschäftsstelle - "Der Bestand ist gefährdet"

ON: Ursula Feldmann, wodurch unterscheiden sich Wildbienen von Honigbienen? - den Bienen die jeder kennt?

Ursula Feldmann: Wildbienen sind so gut wie gar nicht bekannt. Viele Menschen denken, dass mit Wildbienen wild lebende Honigbienen gemeint sind, die es tatsächlich gibt. Bei der Honigbiene handelt es sich um die domestizierte Bienenart, die gezüchtet wurde, um Honig und Wachs zu bekommen. Die verwandten Wildbienen produzieren keinen Honig und bilden keine hochspezialisierten Völker aus, wie die Honigbiene. So leben sie solitär, das heißt, die Weibchen kümmern sich allein um ihre Jahresbruten. Hummeln sind die Ausnahme. Sie bilden einjährige Völker aus, die viel kleiner sind als die der Honigbiene. 

Wie viele Wildbienenarten existieren bei uns? Es sind 550 verschiedene Wildbienenarten festgestellt worden, wahrscheinlich sind es noch mehr. Die wohl bekanntesten Wildbienenarten sind die Hummeln. Daneben finden sich noch weitere große Wildbienenarten bei uns, wie zum Beispiel die Holzbiene mit einer Größe von 28 Millimetern. Um noch andere Arten zu nennen: Sandbienen, Maskenbienen, Wollbienen, Furchenbienen, Mauerbienen, etc. Für Interessierte haben wir einen Bestimmungsschlüssel da. 

Wie sieht es mit der Artenvielfalt in der Region Osnabrück aus? Der norddeutsche Raum, also auch Osnabrück, wird von der Wildbiene nicht so zahlreich besiedelt wie der Süden Deutschland. Nichtsdestotrotz gibt es auch in dieser Region viele Wildbienenarten. Mir ist für den Bereich Osnabrpck aber keine Wildbienenstatistik bekannt. Wildbienen sind sehr schwer zu bestimmen, und es beschäftigen sich nur wenige Wissenschaftler intensiv damit. Einer davon ist der Biologe Rolf Witt aus Oldenburg, der am 24. September einen Vortrag bei uns halten wird. Ich bin gespannt, was er uns über die Artenvielfalt hier im Raum sagen wird.

Ist die Wildbiene so gefährdet wie die Honigbiene? Ja, über die Hälfte der Wildbienenarten sind mehr oder weniger stark bedroht.

Wie kommt das? Wildbienen brauchen vielfältige Lebensräume und Möglichkeiten, ihre Nester zu bauen, Nahrung zu finden und zu überwintern. Das Problem der Nahrungssuche wird immer größer. Bienen brauchen Blüten, um sich und ihre Brut mit Nahrung, also Nektar und Pollen zu versorgen. Einheimische Stauden, wie zum Beispiel Beinwell, Dost und Kräuter, die verteilt über das ganze Jahr blühen, sind enorm wichtig. Viele für die Bienen wichtigen Lebensräume sind in letzter Zeit verschwunden, wie zum Beispiel die blütenreicheren Brachflächen oder naturnahe Ackerrandstreifen. Die findet man heute fast gar nicht mehr. Auch Wiesen und Weiden mit einer großen Blumenvielfalt gibt es heute nur noch selten. 

Wie ist das zu erklären? Ein echtes Problem ist die Landwirtschaft. Bauern pflügen und bestellen ihre Äcker großräumiger, als sie dürfen. Die Landwirte haben es zwar auch schwer, das kann ich verstehen. Aber jeder Meter Boden mehr bringt ihnen Geld. Und so verschwinden die Randstreifen an den Äckern, das Nahrungsangebot für die Tiere wird weniger. Das wissen die Landwirte, aber sie ignorieren es. Genau darunter hat auch der Bienenbestand zu leide. Den Imkern gehen die Bienen aus, viele Völker schaffen es nicht mehr, über den Winter zu kommen. Dabei sind Honigbienen als Bestäuber unerlässlich - die Wildbiene nach neuesten Erkenntnissen sogar noch wichtiger als die Honigbiene. Ohne Bienen hätten wir kein Obst. Eine weitere Gefahr sind die vielen Pestizide, die in der Landwirtschaft verwendet werden- Diese giftigen Stoffe sind nach dezeitigem Kenntnisstand Grund für das allgemeine Bienensterben, über das die Presse schon häufig berichtete. Zum Glück gibt es jetzt Bestrebungen in der EU, diese Mittel zu verbieten. 

Die Biene ist also auch ein Politikum. Denken Sie, dass es die kleinen Tiere bald besser haben werden, weil es einen politischen Umschwung in Niedersachsen gab? Auf jeden Fall ist die Hoffnung größer, dass die Bestimmungen der EU stärker durchgedrückt werden und dass in der Landwirtschaft eingesetzte Mittel, die noch nicht ausreichend untersucht worden sind, erstmal nicht auf den Markt kommen dürfen. Bis sicher der Bestand erholt, würde es aber eine ganze Weile dauern. 

Was kann der einzelne private Bienenfreund tun? Zum Beispiel mehrjährige und einjährige Wildblumen säen. Wir vom BUND zum Beispiel haben in Bad Rothenfelde als Pilotprojekt eine innerstädtische Fläche mit einer bunten Blumensaatmischung begrünt. Gut ist auch, Insektenhotels anzubieten. Bastelanleitungen gibt es in unserer Geschäftsstelle oder auf unserer Homepage.

Wie angriffslustig sind Wildbienen? Gar nicht. Sie haben auch nicht so einen langen Stachel um unsere Haut durchstechen zu können. Die einzigen, die das könnten, sind die Hummelweibchen. Aber wenn man ruhig bleibt, passiert nichts. Um von einer Hummel gestochen zu werden, muss man sich schon ganz dumm anstellen.

Aber lästig sind Wildbienen dem Menschen schon, oder? Denn es sind Insekten und Insekten haben allgemein den Ruf, lästig zu sein. Das Problem der Wildbienen ist, dass sie meistens gar nicht als Bienen erkannt werden - vor allem die ganz kleinen Tiere nicht. Manchmal denken Menschen, dass es sich um Wespen handelt. Und das ist schade. Viele schlagen gleich los, ohne genauer hinzusehen. Vor Wildbienen braucht niemand Angst zu haben.

Und damit sie ein wenig bekannter werden, hat der BUND "Wildbienen" zum Jahresthema gemacht? Ja, genau. Und daher führen wir in diesem Jahr Veranstaltungen zu diesem Thema durch. Diese fangen am 26. Mai, einem Sonntag an. Da beteiligen wir uns von 13 bis 18 Uhr mit unserem Naturgarten am Gertrudenberg am "Tag des offenen Gartentores". Dort führen wir in die Welt der Stauden, Obstbäume und Kräuter ein. Besucher können unsere aufgestellten Bienenstöcke besichtigen. Zu finden ist unsere Gartenwerktstatt zwischen Senator-Wagner-Weg und Ziegelstraße. Am 23. Juni wird es ein Sommerhonigfest im Dom-Pfarrgarten geben. Am 2. Juni und 1. September veranstalten wir jeweils eine Bienen-orientierte Radtour mit dem ADFC zusammen, und im November bieten wir einen Workshop "Nistkästen für Wildbienen" an.



Suche